Sie betreuen schon seit vielen Monaten Flüchtlingskinder in Ihrer Kita? Sie haben sich mit dem Thema auseinandergesetzt, Fortbildungen besucht und sich mit Kolleginnen aus anderen Kitas besprochen. Vorrangig immer wieder die Frage: Wie lernen Kinder Deutsch und wie lehren wir den Kindern schnell und nachhaltig die deutsche Sprache?
Bei allem guten Willen – es fehlt die Zeit für individuelle Sprachförderprogramme oder aufwendige Sprachstandserhebungen. Was halten Sie deshalb von Sprachförderung „quasi nebenbei“ – ohne großen Aufwand an Material, Vorbereitung oder Zeit? Und damit werten Sie deren Wichtigkeit keinesfalls ab! Im Gegenteil: Sie konzentrieren sich auf das Wesentliche und Leistbare. Und das finden Sie in diesen 6 Tipps für Ihren Alltag. So helfen Sie Kindern beim Deutsch lernen:
Es ist schon lange her, dass Ivan unsere Kita besucht hat. Und doch ist er mir immer im Gedächtnis geblieben. Denn er hat eine Wortschöpfung erfunden, die mich zunächst verblüffte.
Er nannte nämlich die weiße Flüssigkeit im Glas „Milchlecker“. Es fiel mir erst nach einiger Zeit auf, woher Ivan seine Wortschöpfung hatte – von mir! Denn ich beantwortete seine Frage „Was ist das?“ mit schöner Regelmäßigkeit: „Das ist Milch – lecker!“
Nutzen Sie Ihre starke Vorbildfunktion, um den Kindern Orientierung in der deutschen Sprache zu geben. Und weil die Kinder tatsächlich alles übernehmen, überprüfen Sie Ihr eigenes Sprachverhalten. Denn möglicherweise hat sich in der Fülle Ihrer Worte, die Sie täglich mit den Kindern wechseln, die eine oder andere Unachtsamkeit eingeschlichen.
Mit unserem Sprach-Check können Sie leicht überprüfen, ob Sie als Sprachvorbild effizient fungieren. Zusätzlich sollten Sie eine solche Überprüfung ebenso in der ganzen Kita anregen. Beobachten Sie sich und Ihre Kolleginnen und geben Sie wertschätzend kollegiale Rückmeldung, wenn Ihnen etwas auffällt. Freuen auch Sie sich über diese Rückmeldungen, um Ihr eigenes Sprachvorbild immer wieder zu korrigieren und zu verbessern.
Vor allem kleine Kinder lieben die Wiederholung. Sie gibt ihnen Sicherheit und die Kinder können sich schon vorher auf den jeweiligen spannenden Moment freuen. Schenken Sie dieses Erfolgserlebnis auch den Kindern beim Lernen der Sprache. Dazu sprechen Sie immer wieder gleiche Sätze mehrmals hintereinander, z. B.
Wählen Sie Reime, Fingerspiele und Lieder nach dem Gesichtspunkt aus, wie oft sich dieselben oder auch ähnliche Satzmuster und Sequenzen wiederholen – ganz nach dem Motto: „Je öfter, desto besser!“ Denn so verinnerlichen die Kinder die Regeln der deutschen Sprache, ohne sie bewusst zu lernen.
Mit wiederkehrenden Sprachbausteinen ermutigen Sie alle Kinder, mitzuspielen und damit mitzusprechen, z. B.
Mit folgenden Klassikern ermöglichen Sie nicht nur allen Kindern mitzusingen, weil sie die wiederkehrenden Textbausteine schnell verinnerlicht haben. Sie erweitern zudem ihren Wortschatz, z. B. mit
In Ihrer Kita gibt es sicher einen großen Schatz an geeigneten Spielen und Liedern, an denen alle Kinder Freude haben.
Unser Gehirn besteht aus 2 Hälften, die ganz unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Je besser diese Hälften miteinander funktionieren, desto effektiver arbeitet das Gehirn – und lernen wir. Das gilt grundsätzlich für alle Lernbereiche und damit natürlich auch für die Sprache:
Geben Sie den Kindern also die Möglichkeit, mit rechter und linker Gehirnhälfte effektiv Sprache zu lernen. Das gelingt Ihnen, indem Sie immer beide Aspekte im Blick haben: Führen Sie neue Begriffe ein, sorgen Sie dafür, dass die Kinder sie anfassen, schmecken, hören oder sehen können. Arbeiten Sie kreativ und sinnlich, achten Sie bewusst darauf, dies mit Worten und Begriffen zu begleiten.
Wenn Sie etwas für die Kinder vorbereiten, bedenken Sie also immer: „Was davon spricht die linke und was die rechte Gehirnhälfte an?“, z. B.
Wie heißt Ihr nächstes Projektthema? Bereiten Sie den Garten draußen zum Säen und Pflanzen vor? Erwarten Sie Besuch von der Feuerwehr? Planen Sie eine Exkursion auf den Bauernhof? Darauf freuen sich sicher alle Kinder. Und indem Sie Projekte so ganzheitlich vorbereiten, finden die Kinder darin eine Menge neuer Begriffe und Sprechanlässe.
Auch die Kinder, die noch kein oder nur kaum Deutsch sprechen, sollen dem aufregenden Geschehen schnell folgen können. Nur wenn sie verstehen, worum es geht, können sie ihre Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten – zudem kehrt Ruhe ein und Störungen werden vermieden.
Nehmen Sie sich deshalb wenige Tage vor dem geplanten Projekt etwas Zeit: Mit den Kindern, denen der entsprechende Wortschatz fehlt, tragen Sie dann einige Dinge zusammen, die das Thema sprachlich vorbereiten helfen, z. B.
Gestalten Sie Reime, Rätsel, Spiele – ganz einfach, um mit Spaß die wichtigsten Begriffe zu lernen.
Praxis-Tipp: Um dann das Projektthema für alle einzuführen, können die Kinder, mit denen Sie zuvor geübt haben, die Gegenstände in die Kreismitte tragen und allen zeigen.
Wenn Sie sich mit den Kindern anziehen, um in den Garten zu gehen, sind alle Kinder dabei und machen mit, egal wie viel Deutsch sie schon können. Dasselbe beim Händewaschen, Essen, Zähneputzen oder Basteln. Denn die Kinder orientieren sich aneinander und schauen einfach ab, was gerade dran ist. Das ist gut, denn so lernen alle Kinder den Tagesablauf und Sie müssen nicht alles haarklein erklären.
Doch wenn diese Abläufe allen gelingen, so heißt das noch nicht, dass sie diese auch sprachlich erfasst haben. Wissen Sie, welche Begriffe in Bezug auf Kleidung, Geschirr, Lebensmittel oder Bastelmaterial die Kinder wirklich kennen?
Machen Sie deshalb ein Spiel daraus – und zwar ein Spiel aus allen relevanten Tätigkeiten während Ihres Tagesablaufes:
So sprachgebend können Sie nach und nach alle Situationen Ihres Tagesablaufes durchspielen. Bei diesen Erforschungen sind sicher alle Kinder begeistert dabei.
Spickzettel kennen Sie sicher noch aus Ihrer Schulzeit. Da waren sie verboten – hier sind sie ausdrücklich erwünscht. Auf diese Spickzettel schreiben Sie vor jedem neuen Thema, das Sie mit den Kindern beginnen, welche Wörter und Begriffe die Kinder dabei lernen sollen. Diese werden bewusst verwendet, wiederholt, mit allen Sinnen erarbeitet, betrachtet, angefasst …
Planen Sie also nicht nur Abläufe und benötigtes Material, sondern stellen Sie sich in der Vorbereitung ganz bewusst folgende Frage nach den Schlüsselwörtern: „Welche Wörter und Begriffe brauchen die Kinder, um das Projektthema zu verstehen?“ Schlüsselwörter sind also die Informationen, die benötigt werden, um den Sinn eines Textes oder eines Themas zu verstehen.
Indem Sie diese Schlüsselwörter projektbezogen notieren, entsteht nach und nach ein echter Fundus an Spickzetteln zu den verschiedenen Themen im Laufe des Kita- Jahres. Heften Sie diese mit dem gesammelten Projektmaterial ab und Sie oder Ihre Kolleginnen haben Sie dann schnell wieder griffbereit.
Mit der Umsetzung dieser Tipps werden Sie schnell feststellen: Kleiner Aufwand – große Wirkung. Damit bleibt viel Zeit, die Sie mit den Kindern gemeinsam gestalten und genießen können.
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