Alltagsintegrierte Sprachförderung in der Kita


18.08.2022

Der Spracherwerb ist ein wichtiger Lernprozess, der bei Kindern in der Regel automatisch und über die Zeit erfolgt. Während die einen Kinder schon früh die ersten Worte und Sätze formen können, brauchen andere länger, um sich auszudrücken. Als Erzieher kommt Ihnen in der Kita eine wichtige Rolle zu, wenn es um die Sprachförderung der Kinder geht.

Insbesondere die alltagsintegrierte Sprachförderung in der Kita ist dabei hervorzuheben – schließlich braucht Sprachförderung nicht immer spezielle Programme und Übungen. Schon mit Zeit und Aufmerksamkeit können Sie Kinder ganz unkompliziert in ihrer Sprachentwicklung fördern.

Was bedeutet alltagsintegrierte Sprachförderung?

Bei der alltagsintegrierten Sprachförderung geht es darum, die Sprache im Alltag zu fördern. Das Kind mit seiner Lebenswelt, seinen Themen und seinen Fragen steht dabei im Zentrum und wird zum Ausgangspunkt für eine gezielte Förderung. Während der Kita-Zeit bietet sich diese Sprachförderung an – schließlich formt sich in dieser Zeit die Sprache bei Kindern. Die alltagsintegrierte Sprachförderung richtet sich an Kinder jeden Alters in der Kita und stellt das Kind in den Mittelpunkt.

Dabei sollen die Kinder nicht aus ihren Tätigkeiten herausgerissen werden oder dreimal die Woche für eine Stunde Sprachförderunterricht still sitzen, sondern die Förderung der Sprache geschieht ganz natürlich dort, wo die Kinder sich gerade befinden:

  • Wenn die Kinder gerade spielen, dann können Sie als Erzieher die Gelegenheit für Interaktion nutzen.
  • Wenn die Kinder zu Ihnen kommen und eine Frage stellen, dann liegt es an Ihnen, sich die Zeit zu nehmen, diese Frage zu beantworten und mit dem Kind in den Dialog zu treten.
  • Wenn Sie einem Kind gerade dabei helfen, eine Jacke anzuziehen, können Sie die Gelegenheit für ein Gespräch nutzen, indem Sie Fragen stellen oder etwas erzählen.

Viele kleine Gelegenheiten bieten die Möglichkeit, an der Sprachbildung des Kindes mitzuwirken. Denn jegliche Interaktion trägt dazu bei, dass Spracherwerb stattfindet, sich die Sprache von Kindern weiterentwickelt und ihr Wortschatz sowie ihre Grammatik mit der Zeit immer besser werden.

Die Interaktion mit Erwachsenen und anderen Kindern legt einen entscheidenden Grundstein für die Sprachentwicklung von Kindern und mit einfachen Mitteln können Sie diese im Alltag konstant fördern.

Was gehört zur Sprachförderung?

Zur Sprachbildung und Sprachförderung von Kindern gehören verschiedene Aspekte:

  • Erweiterung des Wortschatzes
  • Artikulation üben
  • Fähigkeit, Sätze bilden zu können
  • Betonung und Sprechrhythmus kennenlernen
  • Fähigkeit und Bereitschaft, Sprache zu nutzen und sinnvoll einzusetzen

Über die Sprachförderung erlernen Kinder also nicht nur eine grammatische Kompetenz, sondern in erster Linie eine kommunikative Kompetenz mit dem Verständnis, dass der richtige Einsatz von Sprache ein wertvoller Schlüssel im Leben ist.

Warum ist alltagsintegrierte Sprachförderung in der Kita sinnvoll?

Sprachförderung im Kita-Alltag ist sinnvoll, da die Kinder dort viel Zeit verbringen. Findet die Sprachbildung in der Kita statt und wird die Sprache dort gefördert, lassen sich Probleme im Schulalter und auch danach vermeiden. Die Sprech-, Lese- und Schreibkompetenz der Kinder in der Schule und auch später wird besser sein, je ausgeprägter die Sprachkompetenz der Kinder in der Vorschulzeit ist.

Wird im Kita-Alltag Wert auf die Sprachförderung gelegt, werden die Kinder in einer normalen Entwicklung unterstützt. Schließlich ist Sprache ein entscheidendes Grundgerüst im Leben, worauf viele weitere Fähigkeiten aufbauen. Erfährt Sprache im Kita-Alltag Wertschätzung, nehmen Kinder unterbewusst viel mit. Zwar ist auch die Kommunikation mit Gleichaltrigen wichtig, doch insbesondere die Kommunikation mit Erwachsenen, die eine fertig entwickelte Sprachkompetenz haben, ist für Kinder wertvoll.

Wie funktioniert alltagsintegrierte Sprachförderung in der Kita?

Bei der alltagsintegrierten Sprachförderung geht es in erster Linie darum, die Kinder zur sprachlichen Interaktion anzuregen und mit den Kindern zu kommunizieren. Hierzu ist es wichtig, dass Sie im gesamten Alltag eine sprachförderliche Grundhaltung einnehmen. Durch eine positive und sprachförderliche Grundhaltung sind Sie Sprachvorbild für die Kinder.

Machen Sie sich klar, dass jede sprachliche Interaktion mit Kindern einen Einfluss auf sie haben kann und eine Sprachlernsituation praktisch überall und jederzeit stattfinden kann. Messen Sie Sprache daher die Bedeutung bei, die Sie hat und nehmen Sie sich dafür bewusst Zeit. Dafür gibt es einige Möglichkeiten:

  1. Sichern Sie sich die Aufmerksamkeit des Kindes, wenn Sie mit ihm sprechen. Begeben Sie sich dafür am besten auf Augenhöhe, schauen Sie ihm in die Augen und sprechen Sie das Kind direkt an. So fühlt es sich wertgeschätzt und hört Ihnen zu.
  2. Achten Sie auf Ihre eigene Sprache, wenn Sie mit Kindern sprechen. Reden Sie langsam und deutlich und nutzen Sie insbesondere bei jüngeren Kindern kurze Sätze. Betonen Sie wichtige Satzteile und sprechen Sie in einem freundlichen Ton. Auf „Babysprache“ sollten Sie gänzlich verzichten, damit die Kinder von vornherein grammatikalisch richtige Sätze hören. Wenn Sie Ihre eigene Sprache zu sehr verstellen, ist das kein gutes Vorbild für die Kinder und hilft ihnen nicht in ihrer Entwicklung.
  3. Greifen Sie die nonverbale Kommunikation von Kindern auf, insbesondere dann, wenn die Kinder in ihrer sprachlichen Entwicklung noch nicht so weit sind. Wenn Sie zum Beispiel sehen, dass ein Kind weint, gehen Sie hin und sagen Sie „Anna, ich sehe, dass du traurig bist, was ist denn los?“. Oder wenn ein Kind vor Freude hüpft, sagen Sie „Tim, ich sehe, dass du dich freust. Magst du mir verraten, was dir solche Freude bereitet?“. So lernen Kinder, Emotionen mit Worten zu verbinden. Auch Ihre eigene nonverbale Kommunikation sollten Sie beachten und dafür sorgen, dass Sie zum Gesagten passt, um Missverständnisse zu vermeiden.
  4. Berücksichtigen Sie die Individualität jedes Kindes, indem Sie aufmerksam darin sind, in welcher Situation welches Kind am liebsten spricht. Während das eine Kind dafür einen geschützten Raum braucht, in dem es mit Ihnen zu zweit ist und durch ein Bilderbuch blättert, plappern andere auch in der Gruppe drauf los. Verstärken Sie die Interaktion der Kinder in den jeweils passenden Situationen und bieten Sie die Möglichkeit zum Dialog. Stellen Sie viele offene Fragen, die sich nicht nur mit „Ja“ und „Nein“ beantworten lassen. Lassen Sie den Kindern auch ausreichend Zeit, um eigene Gedanken zu formulieren und auszusprechen. So fördern Sie das Sprechen und Nachdenken über die Gesprächsinhalte.
  5. Gehen Sie mit Schwächen und Fehlern wohlwollend um. Gibt es bei einem Kind Verständnisprobleme, sollten Sie den gleichen Satz möglichst nochmals vereinfacht wiederholen. Fehler sollten Sie niemals direkt verbessern oder das Kind darauf hinweisen. Verbessern Sie das Kind nur indirekt. So behält das Kind den Spaß am Sprechen.

Die Besonderheit an alltagsintegrierter Sprachförderung ist, dass sie überall und jederzeit umgesetzt werden kann. Sie brauchen keine zusätzlichen Materialien, keine Zeitfenster und müssen keine aufwändigen Übungen erklären. In der Regel kennen Sie die Kinder, die Sie in der Kita betreuen und können sich an ihren Gewohnheiten, Vorlieben und an ihrem Temperament orientieren.

Wie kann gezielte Sprachförderung im Kindergarten noch aussehen?

Ein ganzheitlicher Ansatz bei der Sprachförderung ist entscheidend, schließlich haben die Kinder einen starken natürlichen Spiel- und Bewegungsdrang und eine Neugierde in sich, weshalb es bei der Sprachförderung nicht nur um Sprechen und Zuhören geht:

  • Singen
  • Tanzen
  • Basteln
  • Turnen
  • Erkunden
  • Beschäftigung in der Gruppe
  • Spielen mit anderen Kindern.

Das alles sind Aktivitäten, die im Zuge der alltagsintegrierten Sprachförderung berücksichtigt werden sollten.

Wenn es beispielsweise ein fester Bestandteil des Kita-Alltags ist, jeden Morgen gemeinsam zu singen und vor dem Essen einen „Guten Appetit“-Reim aufzusagen, bietet das ebenfalls vielfältige Anregungen für die sprachliche Interaktion mit den Kindern.

Ob mit bestimmten Erzähltechniken, beim Vorlesen oder ein Fokus auf Reimen und Singen – bei der alltagsintegrierten Sprachförderung geht es darum, solche Angebote noch zu verstärken, damit zusätzliche Sprachangebote für die Kinder geschaffen werden.

Sprachförderung: Wie können Sie die Eltern mit einbeziehen?

Auch wenn die Sprachförderung in der Kita einen entscheidenden Beitrag zur Sprachentwicklung bei Kindern leisten kann – noch prägender ist die Zeit zuhause mit den Eltern, denn sie sind die wichtigsten Bezugspersonen. Beziehen Sie daher auch immer die Eltern bei der Sprachförderung mit ein und geben Sie ihnen Tipps, wie sie im Alltag zuhause die Sprache der Kinder noch stärker fördern können.

Insbesondere bei Kindern, in deren Elternhaus eine andere Sprache als in der Kita gesprochen wird, können solche Tipps wichtig sein. Wenn die Eltern nicht fließend Deutsch sprechen, kann ein Tipp auch sein, dass zuhause kein Deutsch, sondern die Muttersprache der Eltern gesprochen werden soll. Viele Eltern machen sich Sorgen, dass das Kind dann nicht richtig Deutsch lernt, aber die Angst ist unbegründet. Zwar dauert der Spracherwerb bei Kindern, die mit zwei Sprachen aufwachsen, insgesamt etwas länger, aber solange es genügend Anregungen in beiden Sprachen für die Kinder gibt, ist das kein Problem.

Für Sie als Erzieher ist es wichtig, Kinder, die zuhause kein Deutsch sprechen, stärker in den Fokus zu nehmen und ihnen besondere Aufmerksamkeit zu schenken und viele sprachliche Anregungen zu geben. Schließlich ist die Kita für sie der einzige Ort, an dem sie Deutsch sprechen.

Welche Möglichkeiten gibt es für Erzieher, für das Thema Spracherwerb bei Kindern sensibilisiert zu werden?

Erzieher haben die Möglichkeit sich gezielt zur Sprachförderkraft ausbilden zu lassen. Ein beliebtes Mittel dafür ist das Heidelberger Interaktionstraining (HIT), das für pädagogisches Fachpersonal konzipiert ist und eine alltagsintegrierte Sprachbildung und Sprachförderung im Fokus hat.

Pädagogische Kräfte werden dabei für die vielen kleinen Alltagssituationen sensibilisiert, die eine Sprachlernsituation darstellen und in denen sich die Möglichkeit zur sprachlichen Interaktion mit Kindern anbietet. Auch wie Kinder, die mehrsprachig aufwachsen oder Probleme mit dem Spracherwerb haben, optimal unterstützt werden können, lernen Erzieher bei einer solchen Fortbildung.

Als Sprachförderkraft können Sie das gesamte Erzieher-Team in der Kita mit Anregungen und Ideen unterstützen, wie sie im Alltag die Sprache von Kindern fördern können. Wenn Sie Ihre Sprachförderkonzepte im Alltag zudem in das Qualitätsmanagementhandbuch der Kita eintragen, können auch neue Mitarbeiter diese schnell aufnehmen und anwenden.

Wie hilft die Dokumentation in der Kita bei der Sprachförderung im Alltag?

Mittels Beobachtungsverfahren und Dokumentationsverfahren, bei dem das Verhalten und die sprachliche Entwicklung eines Kindes objektiv in einem Beobachtungsbogen dokumentiert werden, können Erzieher einen besseren Überblick bekommen, welches Kind welchen Sprachentwicklungsstand hat. Auf Basis dieser Dokumentation lässt sich ein besseres Bild davon gewinnen, wie weit die einzelnen Kinder sind – auch in ihrer Sprachentwicklung.

Bei der alltagsintegrierten Förderung geht es dann nicht darum, weniger entwickelte Kinder herauszugreifen und ihnen Sonderstunden zu geben, sondern sich diesen Kindern im Alltag intensiver anzunehmen und mit ihnen noch stärker zu interagieren. Wenn Sie merken, dass bei einem Kind auch nach vielen Monaten und intensiver Interaktion keinerlei Fortschritte stattfinden, dann sollten Sie die Eltern für einen Besuch beim Logopäden sensibilisieren.

Tipp: Üblicherweise ist in Kitas eine standardisierte Dokumentation einmal im Jahr vorgesehen – dieser Abstand kann aber sehr lang werden und Sie den Überblick verlieren lassen. Setzen Sie daher eigeninitiativ auf ein zusätzliches Dokumentationsverfahren, indem Sie zum Beispiel für jedes Kind ein kleines Heft anlegen. Dort können Sie wichtige Punkte der Sprachentwicklung dokumentieren – beginnend mit den ersten Worten. Notieren Sie kurz, wenn das Kind neue Worte lernt. Im weiteren Verlauf können Sie den Umfang des Wortschatzes des Kindes dokumentieren oder wann es seine ersten vollständigen Sätze spricht.

Lesetipp: Konzentration fördern: 7 Übungen für die Kita-Kinder

Welche Sprachförderprogramme gibt es?

Es gibt unzählige Sprachförderprogramme, die in der Kita zum Einsatz kommen können, darunter:

Nicht alle diese Programme sehen eine alltagsintegrierte Sprachförderung vor, sondern sind häufig als zusätzliche Förderung gedacht. Bevor Sie sich in der Kita für eines dieser Programme entscheiden, sollten Sie daher überlegen, ob es zu Ihrem Ansatz der Sprachförderung passt.

Fazit: Deshalb ist alltagsintegrierte Sprachförderung in der Kita so wichtig

In der Kita verbringen Kinder viel Zeit und werden durch die Erzieher und die anderen Kinder in ihrer Entwicklung geprägt. Insbesondere, wenn es um die Sprachentwicklung geht, kommt der Kita eine wichtige Rolle zu. Schließlich sollte nach der Kita-Zeit die Sprachentwicklung weitestgehend abgeschlossen sein, sodass die Kinder bereit für die Schule sind.

Sprachförderung kann täglich in den Alltag integriert werden und mit den richtigen Methoden und Herangehensweisen holen Sie die Kinder dort ab, wo Sie sich gerade befinden. Immer wieder den Dialog und die Interaktion zu suchen und auch Ihr eigenes Verhalten anzupassen, hilft den Kindern, ihren Wortschatz, ihre grammatikalische Kompetenz und ihre kommunikative Kompetenz zu erweitern.

Mit einer Fortbildung können Sie sich zur Sprachförderkraft ausbilden lassen und lernen, wie Sie Kinder in Ihrer Sprachbildung am besten unterstützen können. 


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