Mithandeln und Mitentscheiden – 3 Tipps, wie Sie das Engagement der Kinder stärken


26.10.2017

Mia bemüht sich sehr konzentriert, sich selbst aus der Teekanne einzuschenken. Auch wenn etwas danebengeht, ist sie dabei nicht auf die Hilfe der Erzieherinnen angewiesen. Lea ist heute dran, die Hasen zu füttern. Gewissenhaft hält sie sich an den Arbeitsplan, damit sie ihren Dienst richtig ausführt. Diese Beispiele zeigen, wie Kinder handlungsfähig sind – für sich selbst, für andere und für die Gemeinschaft.

1. Tipp: Stärken Sie die Verantwortung der Kinder für sich selbst

„Wenn man über ausreichend lange Zeit etwas für Menschen tut, was sie an sich selber können, werden sie hilflos und abhängig.“ Davon ist der dänische Familientherapeut Jesper Juul überzeugt. Und ganz ehrlich – wie oft binde ich den Kindern schnell die Schuhe, schenke ihnen geschickt den Tee in die Tasse oder habe ihnen ruckzuck ihr Mittagessen vorportioniert. Und auch wenn das niemals meine Absicht ist, erhält das Kind dadurch doch die unausgesprochene Botschaft: „Du kannst das noch nicht. Ich mache es gerne und besser für dich. Du brauchst dich nicht anzustrengen.“

Um die Kinder in ihrer Verantwortung für sich selbst zu stärken, gilt es also immer, das rechte Maß zu finden zwischen der Fürsorge für das Kind einerseits und dem Zumuten andererseits, Verantwortung
und Anstrengungen für sich selbst zu übernehmen.

Haben Sie deshalb ganz bewusst im Blick, wann es wirklich nötig ist, etwas für ein Kind zu tun, und wann es wichtiger ist, ihm zu ermöglichen, es selbst zu tun, z. B. indem

  • die Teekannen am Frühstückstisch nur halb gefüllt sind, damit sie nicht so schwer sind,
  • œœausreichend Zeit eingeplant ist, damit sich die Kinder selber an- und ausziehen können,
  • œœEimer und Wischlappen im Atelier bereitstehen, damit die Kinder die Pfütze aus dem umgefallenen Wasserbecher unkompliziert beseitigen können,
  • œœmit den Kindern geübt wird, damit sie mit dem Messer Obst selber aufschneiden können.

Der russische Entwicklungspsychologe Lev Vygotskij zeichnet dabei ein eindrückliches Bild von der „Zone der nächsten Entwicklung“: Sie bezeichnet die Spanne zwischen dem, was Kinder aktuell können,
und dem, wozu sie potenziell in der Lage wären. Alle Herausforderungen, die in dieser Zone liegen – den Kindern also etwas mehr abverlangen, als sie im Moment bereits können –, fördert ihre Entwicklung hin zu einem selbstverantwortlichen Menschen.

2. Tipp: Fördern Sie Engagement und Hilfsbereitschaft

Um den Schuppen für die Fahrzeuge in Ordnung zu bringen, begann ich, sie auf die Seite zu räumen und den Boden zu kehren. Schnell war Micha da und fragte, ob er mir helfen könne. Er ordnete die Fahr-zeuge ordentlich vor dem Schuppen, kehrte mit Begeisterung den Boden und entdeckte kleine Schätze in den Ecken und Nischen: den Knieschoner, den wir schon lange suchten, ein Rad vom Skateboard, das mittlerweile ersetzt ist, und einen geheimnisvollen Zettel, der irgendwem aus der Hosentasche gefallen sein muss.

Kinder sind geborene Helfer und bieten ihre Hilfe immer wieder bereitwillig an: Tisch decken, Blumen gießen, Essen zubereiten, Tiere füttern – sicher können Sie diese Liste weiterführen. Fördern Sie dieses
punktuelle Engagement der Kinder, wo immer es geht, und schärfen Sie Ihre Wahrnehmung, Hilfs-angebote auch dann zu erkennen, wenn sie nicht so deutlich ausgesprochen sind wie von Micha.

Nehmen Sie sich also in der nächsten Teambesprechung gemeinsam dafür Zeit und tragen Sie zusammen,

  • in welchen Situationen Kinder fragen, ob sie mithelfen dürfen: Wie reagieren Sie und Ihre Kolleginnen darauf?
  • in welchen Situationen Sie und Ihre Kolleginnen die Kinder um Mithilfe bitten: Wie reagieren die Kinder darauf?
  • wann Sie und Ihre Kolleginnen die Kinder zusätzlich mit ihrer Hilfe einbeziehen könnten: Was sind das für Situationen? Gibt es Gründe, warum Sie es bisher nicht taten?

3. Tipp: Gestalten Sie Aufgaben und Herausforderungen transparent

„Hilf mir, es selbst zu tun“ ist einer der bekanntesten Sätze der großen Pädagogin Maria Montessori. Ganz im Gegensatz dazu werde ich gefragt, ob ich für Lisa „noch so eine schöne Schachtel“ falten würde. Schon mehrmals gezeigt, scheint die Falt-Anleitung für die Kinder doch zu komplex zu sein. Die Kinder brauchen also eine verständlichere Anleitung. So falte ich wieder Schachteln, diesmal allerdings für jeden Arbeitsschritt eine. Diese werden nacheinander auf ein Plakat geklebt und die Kinder starten begeistert ihre Schachtelproduktion.

Wie im genannten Beispiel können Sie viele Handlungsabläufe für die Kinder verständlich darstellen. Arbeiten Sie mit Fotos und Bildern und beziehen Sie dabei bereits während der Herstellung der Anleitung die Kinder ein: „Was brauchen wir, was muss getan werden, damit es gelingt?“ Auch das Herstellen einer Fotoserie finden die Kinder sehr spannend.

Wenn sich viele Kinder für bestimmte Aufgaben melden, können Sie einen Wochen bzw. Dienste-Plan erstellen. Mit den Fotos der Kinder – z. B. auf Wäscheklammern geklebt – können diese Dienste flexibel eingeteilt werden. Und die Entscheidung, wer wann etwas übernehmen darf, ist für die Kinder transparent und nachvollziehbar. Auch dieser Aspekt ist wichtig auf dem Weg zum Mithandeln und zur Mitverantwortung.

Sie werden täglich erleben, wie motiviert die Kinder sind, für sich selbst und für andere etwas zu tun. Fördern Sie diese beginnende Bereitschaft zum gesellschaftlichen Engagement, wann immer es geht!


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