Gewalttätige Eltern – so reagieren Sie auf körperliche Übergriffe


06.11.2017

Leider kommt es immer wieder vor, dass pädagogische Fachkräfte von Eltern körperlich angegangen werden. Das ist natürlich untragbar. Allerdings zeigt die Beratungspraxis, dass in einer solchen Situation viele rechtliche Fragen bestehen. Diese möchten wir Ihnen hier gern beantworten.

Praxisbeispiel

Bei einem Elterngespräch flippt ein Vater vollkommen aus. Er attackiert Frau Laubach, drückt sie gegen die Wand und boxt sie gegen die Brust. Die Leitung ruft sofort die Polizei, als sie hinzukommt, weil sie Frau Laubachs Hilfeschreie gehört hat. Diese entfernt den aufgebrachten Vater aus der Einrichtung. Die Leitung überlegt, wie es jetzt mit dieser Familie weitergehen soll.

 

 

Rechtlicher Hintergrund

Körperliche Übergriffe von Eltern gegenüber pädagogischen Fachkräften sind nicht nur strafbar, sie rechtfertigen meist auch eine fristlose Kündigung des Betreuungsvertrags.

Das ist zu tun

Als Kita-Leitung sollten Sie sich bei körperlichen Angriffen auf Mitarbeiter schützend vor diese stellen. Denn solche Übergriffe machen Angst. Nicht nur den betroffenen Mitarbeitern, sondern dem gesamten Team, den Kindern und auch den anderen Eltern.

 

Frage: Können wir dem gewalttätigen Elternteil ein Hausverbot erteilen?

Antwort: Ein Hausverbot kann nur Ihr Träger aussprechen. So weit gehen Ihre Kompetenzen als Leitung nicht.

To-do Leitung: Bitten Sie Ihren Träger, als Sofortmaßnahme ein Hausverbot auszusprechen, damit Ihre Mitarbeiter angstfrei zur Arbeit kommen können.

 

Frage: Können wir nach einem körperlichen Angriff gegenüber einer pädagogischen Fachkraft den Betreuungsvertrag kündigen?

Antwort: Ja. Ein körperlicher Übergriff auf einen Ihrer Mitarbeiter ist ein nicht hinnehmbares Ereignis, das eine weitere Zusammenarbeit mit diesen Eltern nahezu unmöglich macht.

To-do Leitung: Überlegen Sie, ob eine Kündigung des Betreuungsvertrags die richtige Lösung ist. Das kommt sehr auf die Situation an. Machen Sie die Entscheidung davon abhängig, ob ein Hausverbot Ihren Mitarbeitern genügend Schutz und Sicherheit gewährt.

 

Frage: Müssen wir bei einer solchen Kündigung die Frist, die in unserem Betreuungsvertrag steht, einhalten?

Antwort: Nein. Ein Angriff auf einen Ihrer Mitarbeiter rechtfertigt eine fristlose Kündigung. Denn durch ein solches Verhalten von Seiten der Eltern wird die Grundlage für die weitere Zusammenarbeit nachhaltig gestört. Es ist Ihnen nicht zumutbar, die Betreuung bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist fortzusetzen.

To-do Leitung: Überlegen Sie, ob Sie regulär oder fristlos kündigen. Das hängt von der Gesamtsituation ab.

 

Frage: Muss der gewalttätige Elternteil mit Ärger mit der Polizei rechnen?

Antwort: Ja. Jedenfalls dann, wenn Sie, die betroffene Fachkraft oder Ihr Träger Strafanzeige erstattet.

To-do Leitung: Informieren Sie Ihren Träger genau über die Geschehnisse, damit dieser z. B. Anzeige wegen Hausfriedensbruch stellt.

 

Frage: Kann der Träger der von dem Übergriff betroffenen Fachkraft verbieten, Strafanzeige gegen den Gewalttäter zu erstatten?

Antwort: Nein. Als unmittelbar Betroffene kann die Fachkraft frei entscheiden, ob sie Strafanzeige erstattet.

To-do Leitung: Informieren Sie die betroffene Fachkraft über die Möglichkeit, Strafanzeige zu erstatten. Vielfach gehen Opfer davon aus, dass dies automatisch geschieht.

 

Frage: Kann die betroffene Fachkraft gegenüber dem gewalttätigen Elternteil Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen?

Antwort: Ja. Hat die Fachkraft durch den Angriff einen Schaden erlitten oder ist sie verletzt worden, kann sie gegen den Täter zivilrechtlich vorgehen.

To-do Leitung: Informieren Sie Ihre Mitarbeiter über diese Möglichkeit und raten Sie Betroffenen, sich anwaltliche Hilfe zu holen.

 

Frage: Wie sind Mitarbeiter, die in der Kita Opfer von Gewalttaten werden, versichert?

Antwort: Geschieht so ein Angriff während der Arbeit in der Kita, besteht zunächst einmal Versicherungsschutz über die gesetzliche Unfallversicherung. Diese kommt für alle Behandlungskosten, auch die einer psychologischen Behandlung auf.

To-do Leitung: Melden Sie den Übergriff als Arbeitsunfall bei der Unfallkasse bzw. bei der Berufsgenossenschaft.

 

Frage: Wer trägt die Kosten für die Entgeltfortzahlung, wenn die von dem Übergriff betroffene Fachkraft krankgeschrieben wird?

Antwort: Die Entgeltfortzahlung während einer Krankschreibung muss zunächst einmal Ihr Träger leisten. Er kann aber versuchen, diese Kosten beim Täter geltend zu machen.

To-do Leitung: Weisen Sie Ihren Träger auf diese Möglichkeit hin. Viele wissen von dieser Regress-Möglichkeit nichts.

 

Empfehlung

Spätestens bei gewalttätigen Eltern hört der Spaß auf. Bei aller Liebe zum Kind, müssen Sie auch an Ihr Team und die anderen Kinder und Eltern denken. Diese haben einen Anspruch auf ein angstfreies Umfeld. Setzen Sie sich daher dafür ein, dass dieses nach einem Übergriff schnell wiederhergestellt wird.


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