Frau Müller, die Mutter der 3-jährigen Anna kommt auf die Erzieherin Tina Müller zu. Ungefragt duzt sie diese und sagt: „Tina, was ich dir unbedingt noch erzählen muss. Meine Schwiegermutter hat sich heute Morgen entsetzlich aufgeregt, weil ich Anna immer noch Windeln anziehe. Sie hat mich als unfähige Mutter hingestellt, die ihr Kind nicht trocken bekommt. Das ist doch unmöglich. Wie siehst du das?“ Kennen Sie auch solche oder ähnliche Situationen, in denen Elternteile eine Grenze überschreiten?
Zwar sollen Sie mit den Eltern eine Erziehungspartnerschaft pflegen, aber diese Partnerschaft hat auch Grenzen. Im Mittelpunkt der Erziehungspartnerschaft steht der fachliche Austausch über Bildungs- und Erziehungsfragen in Kita und Familie. Das Ziel ist es, die Kinder in ihrer Entwicklung optimal zu unterstützen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Sie den schmalen Grad zwischen einer freundschaftlichen Beziehung und einer professionellen Distanz einhalten. Mit den nachfolgenden 4 Tipps schaffen Sie das ganz leicht.
In manchen Einrichtungen ist es üblich, dass Eltern die Erzieherinnen duzen in anderen wird ausschließlich gesiezt. Beide Ansprachen haben ihre individuellen Vorteile. Egal zu welcher Form Sie greifen, achten Sie immer darauf, dass eine gewisse professionelle Distanz zu den Eltern gewahrt wird. Das ist mit einem Sie einfacher.
Greifen Sie nur zum „Du“, wenn Sie sich auch damit wohlfühlen. Wenn Eltern ungefragt zum „Du“ greifen, sollten Sie ganz klar sagen, dass Sie „gesiezt“ werden möchten. In der Übersicht oben finden Sie Beispielsätze, wie Sie das den Eltern selbstbewusst kommunizieren können.
Manchmal kommt es vor, dass Eltern Ihnen – wie im Beispiel oben – zu viel Privates erzählen. In solchen Fällen müssen Sie dem Elternteil deutlich sagen, dass das nicht Ihr Aufgabengebiet ist. Sagen Sie beispielsweise: „Ich bin für familiäre Angelegenheiten, die nicht ihr Kind betreffen, der falsche Ansprechpartner.“ Nur so können Sie Ihre Energie für die Arbeit einsetzen, für die Sie tatsächlich angestellt sind. Verschwenden Sie keine Energien für Gegebenheiten, auf die Sie keinen Einfluss haben.
Eine gesunde Distanz erfordert auch, dass Sie sich von überzogenen Bitten oder Sachverhalten, die Sie nicht tolerieren können, abgrenzen. Hierzu gehört auch ein deutliches „Nein“. Das heißt nicht, dass Sie alle Elternwünsche ablehnen sollen. Es geht lediglich darum, dass Sie die Bedürfnisse der Kinder und Ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche als genauso wichtig ansehen. Immer dann, wenn Sie merken, dass Sie bei einer Bitte ein Bauchgrummeln haben, sind oftmals die unterschiedlichen Bedürfnisse nicht mehr in der Waage.
In solch einem Fall bitten Sie um eine Bedenkzeit. Sagen Sie einfach: „Ich muss darüber nachdenken/mit meiner Kollegin sprechen. Ich gebe Ihnen heute Nachmittag Bescheid.“ So haben Sie die Gelegenheit, die Bitte in Ruhe zu prüfen. Denken
Sie bei überzogenen Bitten immer daran, dass ein begründetes „Nein“ zu einer Familie oftmals ein „Ja“ zu allen anderen Familien oder Kindern ist.
Konfliktfähig sein heißt nicht, dass Sie mit den Eltern in einen Konflikt treten sollen. Zur Konfliktfähigkeit gehört auch, Konflikte im Vorfeld zu vermeiden. Hierzu sollten Sie Themen, die Sie stören, offen und sachlich ansprechen, anstatt sich darüber zu ärgern. Beispielsweise sollten Sie Eltern offen ansprechen, wenn sie ihr Kind regelmäßig abends zu spät abholen.
Sagen Sie beispielsweise: „Frau Berger, seit ca. 3 Wochen kommen sie 3-mal in der Woche zu spät, um ihren Sohn abzuholen. Mich stört das sehr, weil dadurch jedes Mal meine Freizeit in Mitleidenschaft gezogen wird.“ Dann achten Sie darauf, wie die Mutter reagiert. Vermeiden Sie, der Mutter Vorwürfe zu machen, sondern suchen Sie gemeinsam nach einer Lösung für das Problem.
Bieten Sie den Eltern einen verbindlichen Rahmen aus einer wertschätzenden Beziehung und klaren Grenzen. Hierzu kann an der richtigen Stelle auch ein klares „Nein“ gehören. So vermeiden Sie Ärger und beugen Grenzüberschreitungen vor. Falls es doch mal zu Übertritten kommt, reagieren Sie sofort und kompetent.
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