
Berliner Eingewöhnungsmodell: Ein guter Kita-Start in 5 Phasen
Der Kita-Start ist für Kinder ein großer Schritt. Als Erzieher begleiten Sie Kinder in dieser Phase und tragen entscheidend dazu bei, dass sie sich sicher und wohlfühlen. In Deutschland haben sich zwei Eingewöhnungsmodelle etabliert: das Münchener Eingewöhnungsmodell und das Berliner Eingewöhnungsmodell Modell. Beide gehen davon aus, dass Kinder Zeit brauchen, um sich an neue Situationen und Bezugspersonen zu gewöhnen. Eine schrittweise Eingewöhnung gibt den Kindern die Möglichkeit, Vertrauen aufzubauen und sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden.
In diesem Artikel erfahren Sie, wie das Berliner Eingewöhnungsmodell Kinder behutsam in die Kita einführt, welche Phasen es umfasst und welche Rolle Sie dabei spielen. Schritt für Schritt zeigen wir, worauf Sie achten, wie Eltern aktiv eingebunden werden und wann eine Eingewöhnung als erfolgreich gilt. Praxisbeispiele aus dem Kita-Alltag veranschaulichen, wie Sie das Modell konkret umsetzen können.
Das Wichtigste in Kürze
- Schrittweise Eingewöhnung: Das Berliner Modell begleitet Kinder in fünf Phasen (Informationsphase, Grundphase, erster Trennungsversuch, Stabilisierungsphase und Schlussphase) um ihnen Zeit zu geben, sich an neue Bezugspersonen und die Kita-Umgebung zu gewöhnen.
- Eltern als Begleiter: Während der gesamten Eingewöhnung sind ein Elternteil oder eine feste Bezugsperson aktiv eingebunden, unterstützen das Kind und sorgen für Stabilität, z. B. durch bekannte Gegenstände oder Rituale.
- Individuelle Anpassung: Die Dauer und Intensität der Eingewöhnung richtet sich nach den Bedürfnissen und dem Verhalten des Kindes, insbesondere nach seiner Reaktion auf Trennungen und den Aufbau von Beziehungen zu den Erziehern.
- Erfolgskriterien: Die Eingewöhnung gilt als gelungen, wenn das Kind sich sozial integriert, Trennungen bewältigt, Vertrauen zu den Erziehern entwickelt und selbstständig an Aktivitäten teilnimmt.
Was kennzeichnet das Berliner Eingewöhnungsmodell?
Das Berliner Eingewöhnungsmodell wurde in den 1980er Jahren am Berliner Institut für angewandte Sozialforschung/Frühe Kindheit e.V. von mehreren Pädagogen entwickelt. Sie hatten während eines Forschungsprojektes herausgefunden, dass Kita-Kinder ohne Eingewöhnung häufiger krank sind und vom Kita-Angebot weniger profitieren. Daraufhin entwickelten sie das Eingewöhnungsmodell, um Kindern einen behutsameren Start in die neue Umgebung mit neuen Bezugspersonen zu ermöglichen. Behutsamkeit und die Bezugsperson sind daher die zwei wichtigsten Säulen des Modells.
Die Struktur des Berliner Eingewöhnungsmodells
Das Berliner Modell legt großen Wert darauf, die Eltern von Anfang an ausführlich über den Ablauf der Eingewöhnung zu informieren. Darauf aufbauend durchläuft das Kind vier weitere aufeinanderfolgende Phasen: die Grundphase, den ersten Trennungsversuch, die Stabilisierungsphase und schließlich die Schlussphase. Während des gesamten Prozesses sind die Eltern oder eine andere vertraute Bezugsperson aktiv eingebunden und begleiten das Kind Schritt für Schritt. Insgesamt sollten Familien für die Eingewöhnung etwa zwei bis vier Wochen einplanen.
Phasen des Berliner Eingewöhnungsmodells
Wie genau sehen die Phasen im Berliner Eingewöhnungsmodell aus?
1.Informationsphase
In der ersten Phase informiert die Kita die Eltern ausführlich über die Eingewöhnungsphase und holt im Gegenzug Informationen von den Eltern über das Kind ein, wie Einschlafgewohnheiten oder Allergien.
2.Grundphase
In der zweiten Phase erfolgt die Grundphase mit einem Elternteil. Sie dauert drei Tage. Das Kind besucht mit dem Elternteil zusammen die Kita für ein bis zwei Stunden pro Tag, um sich dort alles anzusehen. Das Kind kann dort erstmals an Aktivitäten teilnehmen und die Erzieher versuchen behutsam, einen ersten Bezug zum Kind aufzubauen. Die Eltern halten sich im Hintergrund, sind eher passiv, übernehmen aber noch die pflegerischen Tätigkeiten wie Füttern und Wickeln.
3.Erste Trennungsphase
In der dritten Phase erfolgt der erste Trennungsversuch der Bezugsperson, die sich für kurze Zeit vom Kind verabschiedet. Diese Trennung gibt Aufschluss darüber, wie lange die Eingewöhnungsphase insgesamt dauern könnte. Weint das Kind gar nicht oder nur kurz und widmet sich dann direkt wieder dem Spiel, muss nur etwa eine weitere Woche Eingewöhnungszeit eingeplant werden. Weint das Kind anhaltend und lässt sich nicht beruhigen, kommt die Bezugsperson schnell wieder zurück in den Raum und es muss von einer weiteren Eingewöhnungszeit von zwei bis drei Wochen ausgegangen werden.
4.Stabilisierungsphase
In der vierten Phase, der Stabilisierungsphase, geht es hauptsächlich darum, dass Elternteil und Erzieher eine gute Beziehung aufbauen. Die Erzieher übernehmen mehr und mehr die Betreuung des Kindes und die Eltern ziehen sich langsam zurück. Bei Kindern, die mit der dritten Phase schnell zurechtgekommen sind, wird die Zeit, die sie ohne die Eltern in der Kita verbringen, Tag für Tag erweitert. Schon ab dem fünften Tag können diese Kinder in der Kita schlafen. Bei den Kindern, bei denen der erste Trennungsversuch gescheitert ist, geht die Stabilisierungsphase über mindestens zwei weitere Wochen und erst dann gibt es einen weiteren Trennungsversuch.
5.Schlussphase
In der fünften Phase, der Schlussphase, läuft es immer besser und das Kind verbringt nun täglich mehrere Stunden ohne Elternteil in der Kita. Gibt es keine Rückschläge, gilt das Kind nun als eingewöhnt, verbringt gerne Zeit in der Kita und hat die Erzieher als neue Bezugsperson anerkannt. Es lässt sich von ihnen trösten, füttern und wickeln und hat keine Probleme einzuschlafen. Ein Elternteil sollte aber dennoch immer für Notfälle erreichbar sein.
Wann gilt die Eingewöhnung nach dem Berliner Eingewöhnungsmodell als gelungen?
Die Eingewöhnung gilt dann als gelungen, wenn die Kinder sozial integriert sind, auf Trennungen nicht mehr mit Weinen reagieren und sich von den Erziehern trösten lassen. Wenn sie sich offensichtlich wohl in der Kita fühlen und dies auch zum Ausdruck bringen, gelten sie als eingewöhnt. Auch wenn sie neue Kompetenzen erwerben, Bildungsangebote nutzen und neue Anforderungen bewältigen, kann von einem Erfolg die Rede sein.
Was hilft bei der Eingewöhnung?
Die gesamte Eingewöhnung sollte von einem Elternteil bzw. einer festen Bezugsperson des Kindes durchgeführt werden. Das erleichtert das Vorgehen, als wenn das Kind mal vom Vater, mal von der Mutter und mal von Oma und Opa begleitet wird.
Im Fokus der Eingewöhnung stehen die Bedürfnisse des Kindes. Das Kennenlernen der neuen Umgebung und die Akzeptanz der neuen Bezugsperson erfolgt behutsam, was die Basis für die fortlaufende pädagogische Arbeit mit den Kindern bildet.
Welche Vor- und Nachteile hat das Berliner Eingewöhnungsmodell?
Den Eltern gibt das Eingewöhnungsmodell Sicherheit. Die nächsten Schritte zu kennen, gibt ihnen die Möglichkeit, sich und ihre Kinder darauf vorzubereiten und den Eingewöhnungsprozess zu begleiten. Häufig haben die Erzieher schon viel Erfahrung mit Eingewöhnungen gesammelt und können den Eltern wertvolle Tipps geben. Auch kann die benötigte Zeit bei der Eingewöhnung flexibel an das Kind angepasst werden. Das Berliner Modell zählt zu den ältesten Eingewöhnungsmodellen und gilt daher als erprobt und zuverlässig.
Das Berliner Eingewöhnungsmodell bringt jedoch auch Nachteile mit sich. Es ist nämlich in erster Linie auf Kinder ausgerichtet, die mindestens drei bis fünf Tage pro Woche in die Kita gehen. Für Kinder, die weniger als drei Tage in der Woche in einer Kita betreut werden sollen, hat das Modell Lücken und es muss deutlich mehr Eingewöhnungszeit eingeplant werden. Auch generell sind die zeitlichen Vorgaben für die Eingewöhnung in einigen Kitas sehr starr.
Fazit: Das Berliner Eingewöhnungsmodell wird seit Jahrzehnten erfolgreich praktiziert
Das Berliner Eingewöhnungsmodell wird in vielen Kitas praktiziert und soll Kindern den Übergang in die Kita-Zeit erleichtern. In verschiedenen Phasen wird das Kind langsam an die neue Umgebung und die neuen Bezugspersonen gewöhnt und die Eltern ziehen sich zunehmend zurück. Das Berliner Eingewöhnungsmodell ist seit Jahrzehnten erprobt, hat allerdings auch einige Schwächen. Diese liegen jedoch weniger im Modell selbst als darin, dass in den Kitas häufig die Kapazitäten für eine betreuungsintensive und individuelle Eingewöhnung fehlen.
FAQs
1. Wie lange dauert die Eingewöhnung nach dem Berliner Modell?
Die Eingewöhnung dauert in der Regel zwei bis vier Wochen, kann aber je nach Temperament und Vorerfahrung des Kindes kürzer oder länger ausfallen. Kinder, die schneller Vertrauen zu den Erziehern aufbauen, benötigen weniger Zeit, während zurückhaltendere Kinder länger begleitet werden müssen.
2. Wer begleitet das Kind während der Eingewöhnung?
Ein Elternteil oder eine feste Bezugsperson sollte das Kind während der gesamten Eingewöhnungsphase begleiten. Dies sorgt für Stabilität und erleichtert dem Kind den Aufbau einer Beziehung zu den Erzieherinnen und Erziehern.
3. Was passiert, wenn ein Kind den ersten Trennungsversuch nicht bewältigt?
Scheitert der erste Trennungsversuch, wird die Zeit in der Stabilisierungsphase verlängert und die Trennung wird schrittweise erneut versucht. Ziel ist, das Kind nicht zu überfordern und ihm die Möglichkeit zu geben, Vertrauen aufzubauen.
4. Können auch Kinder eingewöhnt werden, die nur wenige Tage pro Woche in die Kita kommen?
Das Berliner Modell ist vor allem auf Kinder ausgelegt, die drei bis fünf Tage pro Woche betreut werden. Für Kinder mit kürzerer Betreuungszeit müssen die Phasen individuell angepasst und die Eingewöhnung entsprechend verlängert werden.
5. Wann gilt die Eingewöhnung als erfolgreich abgeschlossen?
Eine Eingewöhnung gilt als erfolgreich, wenn das Kind sich sozial integriert zeigt, auf Trennungen nicht mehr mit starkem Weinen reagiert, sich von den Erziehern trösten lässt und selbstständig an Aktivitäten teilnimmt. Auch die Nutzung von Bildungsangeboten und das Ausprobieren neuer Fähigkeiten sind Anzeichen für eine gelungene Eingewöhnung.