Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz: Wie setzen Sie ihn durch?


08.02.2023

Kitas und Kindergärten sind nicht bloß Betreuungseinrichtungen, in denen die Kinder während der Arbeitszeit der Eltern beaufsichtigt werden sollen. Sie erfüllen auch einen pädagogischen Zweck und sind für die kindliche Entwicklung wichtig. Kinder lernen in der Kita viel, sie interagieren mit anderen Kindern und sie werden auf die Schule vorbereitet.

Damit jedem Kind diese frühkindliche Bildung zuteilwird, gibt es seit 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Was in der Theorie so einfach klingt, gestaltet sich in der Praxis jedoch meist schwieriger. Schließlich sind insbesondere in den bevölkerungsreichen Bundesländern nicht genügend Kitaplätze vorhanden.

Wer hat einen Anspruch auf einen Kitaplatz?

Der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ist in § 24 SGB VIII geregelt. Er gilt für Kinder ab dem ersten Lebensjahr bis zum Schuleintritt. Vom ersten bis zum dritten Lebensjahr besteht Anspruch auf einen Platz in einer Krippe, zwischen dem dritten und dem sechsten Lebensjahr besteht Anspruch auf einen Platz in einem Kindergarten. 

Vor 2013 bestand der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz nur für Kinder von drei bis sechs Jahren. Dies wurde bereits im Jahr 1996 beschlossen. Vom Kinderförderungsgesetz und der Erweiterung des Rechtsanspruchs auf Kinder ab einem Jahr profitieren sowohl berufstätige Eltern als auch die Kinder. 

Unter Umständen können auch Eltern mit Kindern unter einem Jahr auf einen Kitaplatz zurückgreifen, wenn zum Beispiel die berufliche Situation das nötig macht. Für diese Fälle besteht aber noch kein Rechtsanspruch, erst ab dem ersten Lebensjahr. 

Was genau besagt der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz?

Der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz gilt unabhängig von den Einkommensverhältnissen der Eltern sowie ihrer Beschäftigungssituation. Auch bei einer vorliegenden Arbeitslosigkeit eines Elternteils besteht ein Anspruch auf einen Kitaplatz. Der Rechtsanspruch kommt mit einigen Einschränkungen daher. So sieht er eine Mindestbetreuungszeit vor – garantiert aber keinen Platz in der Wunsch-Kita. 

Der Rechtsanspruch sieht die Betreuung in einer wohnortnahen Kita vor, nicht zwingend in der am nächsten gelegenen Kita oder der Wunsch-Kita. Wohnort nah bedeutet:

  • Höchstens fünf Kilometer entfernt
  • Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kann die Kita in 30 Minuten erreicht werden

Der Rechtsanspruch gilt nur in der eigenen Kommune, die Träger der Tageseinrichtung ist. Wer sein Kind in einer anderen Kommune betreuen lassen möchte, hat darauf keinen Anspruch. 

Die Mindestbetreuungszeit pro Woche beträgt 20 Stunden. Kitas bieten in der Regel aber auch längere Betreuungszeiten an, falls die Arbeitssituation der Eltern dies nötig macht. Arbeiten beide Eltern in Vollzeit, können die Kinder bis zu 45 Stunden in der Woche in der Kita betreut werden. 

Wichtig: Nicht nur für Eltern und Kinder stellt der Rechtsanspruch eine Verbindlichkeit dar. Auch die Kommunen sind durch ihn angehalten, im Rahmen ihrer Bedarfsplanung neue Plätze zu schaffen, wenn nicht genügend zur Verfügung stehen.

Wie setzen Eltern Ihren Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz durch?

Was in der Theorie so einfach klingt, ist es in der Praxis oft nicht. Schließlich übersteigt in Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen oder Berlin der Bedarf nach Kita-Plätzen das Angebot, was unter anderem am Personalmangel liegt. Dadurch haben viele Eltern Schwierigkeiten einen Platz zu finden, was den Wiedereinstieg in den Beruf nach der Elternzeit verkompliziert.

Der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz kann mit einigen Mühen durchgesetzt werden, allerdings sind dafür diverse Schritte nötig:

  • Zunächst müssen Eltern selbst nach einem Platz suchen und sich in Kitas bewerben. Dazu gehört die Besichtigung von Kitas, das Anschreiben von Kitas, die Anmeldung direkt bei der Kita über Anmeldeformulare oder ein Online-Portal sowie das Eintragen in Wartelistenplätze bei mehreren Kitas. Manche Kitas verlangen sogar das Einreichen einer Bewerbungsmappe, um Eltern und Kind kennenzulernen, bevor der Platz vergeben wird. 
  • Sind all diese Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt, können Sie sich in einem nächsten Schritt beim Jugendamt melden. Dieses muss anschließend für Sie auf die Suche gehen und Ihnen Betreuungsplätze in Kindertagesstätten vorschlagen. Der Zeitrahmen, den das Jugendamt dafür hat, sind zwei bis drei Monate. 
  • Erhalten die Erziehungsberechtigten nach ihrer Meldung beim Jugendamt einen Ablehnungsbescheid, besteht innerhalb von vier Wochen die Möglichkeit, dagegen Widerspruch einzulegen. Wird kein Widerspruch eingelegt, sind keine weiteren Schritte möglich, um den Anspruch durchzusetzen und eine Klage ist daraufhin nicht mehr möglich. Reichen Sie auf den Ablehnungsbescheid hin Widerspruch ein, muss dieser geprüft werden. Anschließend müssen die Jugendämter einen erneuten Versuch unternehmen. 
  • Ist der Widerspruch ohne Erfolg, kann beim Verwaltungsgericht ein Kitaplatz eingeklagt werden. Die zuständige Stelle ist das Verwaltungsgericht, das für den eigenen Wohnort zuständig ist. Dieses Vorgehen ist insbesondere dann sinnvoll, wenn nachgewiesenermaßen freie Kita-Plätze vorhanden sind. Üblicherweise sind diese Gerichtsverfahren lang, wird aber ein Eilverfahren beantragt, verkürzt sich die Zeit auf vier bis sechs Wochen. 

Wichtig: Eine Klage einzureichen, wenn wirklich keine Plätze vorhanden sind, ist nicht zielführend. Schließlich kann das Gericht keine Kita-Plätze schaffen, wo keine sind. Nutzen Sie die Zeit in dem Fall besser für die Suche nach alternativen Betreuungsmethoden. In Bayern und Niedersachsen gibt es außerdem keine Möglichkeit mehr für ein Widerspruchsverfahren. Dort muss auf einen Ablehnungsbescheid vom Jugendamt direkt die Klage innerhalb von vier Wochen erfolgen.

Wann sollte man sich um einen Kitaplatz bemühen?

Um einen Kitaplatz können sich Eltern nicht früh genug kümmern. So wird zum Teil empfohlen, sich bereits während der Schwangerschaft bei Kitas zu melden, um die Betreuung ab dem ersten Lebensjahr zu sichern. Das klingt für werdende Eltern erst einmal absurd, kann sich aber auszahlen, wenn die Betreuungssituation auf diese Weise frühzeitig geklärt werden kann.

Falls Eltern schon wissen, dass sie die Fremdbetreuung ihrer Kinder erst im zweiten oder dritten Lebensjahr starten wollen, hat die Anmeldung natürlich etwas mehr Zeit – aber allzu lange warten sollte man nicht. Ein Jahr Vorlauf kann noch zu wenig sein, um einen Betreuungsplatz zu finden, schließlich ist die Konkurrenz groß und die Plätze begehrt.

Tipp: Einige Unternehmen haben Kontingente bei Kitas in der Nähe reserviert oder bieten sogar eigene Tageseinrichtungen an. Fragen Sie bei Ihrem Arbeitgeber nach, ob es Möglichkeiten gibt, bevorzugt an einen Platz zu geraten.

Welche Alternativen zum Kitaplatz gibt es?

Wenn es trotz Jugendamt und Klage nicht mit dem Kitaplatz funktioniert hat, muss eine Alternative her. Diese sind:

  • Tagesmütter oder Tagesväter
  • Babysitter
  • Private Kindergärten

Aus dem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz wird bei der Inanspruchnahme alternativer Betreuungsangebote ein Anspruch auf Kostenerstattung. Das bedeutet, dass die Kosten für den alternativen Betreuungsplatz von der Gemeinde übernommen werden müssen. 

Finden Eltern keinerlei Betreuungsplatz für ihr Kind und können ihrer Berufstätigkeit deshalb nicht nachgehen, können sie eine Klage auf Schadensersatz für den Verdienstausfall in Betracht ziehen. Eine solche Klage ist aber nur mit der Mitwirkung eines Anwalts durchsetzbar. 

Fazit: Der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz lässt sich nicht immer durchsetzen

Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz haben alle Kinder von eins bis sechs Jahren. In vielen Bundesländern gibt es aber mehr Kinder als Betreuungsplätze, weshalb es sich häufig schwierig gestaltet, den Rechtsanspruch auch durchzusetzen. 

Bei all den Bemühungen, um ein ausreichendes Betreuungsangebot für die Kinder und ihren Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, gibt es in der Praxis immer noch zahlreiche Kinder, die leer ausgehen. Hier müssen dann Tagesmütter, Tagesväter oder private Kindergärten die Betreuungsaufgabe übernehmen, wofür Eltern sich die Kosten (meist anteilig) erstatten lassen können.


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