So arbeiten Sie im Team effektiver zusammen


01.07.2015

In vielen Einrichtungen sind Mitarbeiterinnen mit dem Verlauf der Teambesprechungen unzufrieden: Trotz unübersehbarer Spannungen zwischen den Mitarbeiterinnen besprechen Sie nur sachliche Inhalte. Das Ergebnis ist, dass die Teamsitzungen nur schleppend verlaufen und Ihre Diskussionen wenig fruchtbar sind. Weder Ihre Kolleginnen noch Sie fühlen sich wohl und auch die Sachfragen werden nicht zufrieden stellend geklärt.

Auf der anderen Seite gibt es Teams, in denen endlos über Konflikte der Gruppe oder über Probleme einzelner Kolleginnen diskutiert wird. Hier bleibt die Sacharbeit auf der Strecke. Die Beachtung einiger Regeln hilft Ihnen, Ihre Zusammenarbeit im Team effektiver und zufrieden stellender zu gestalten.

Grundlage ist das Konzept der themenzentrierten Interaktion von Ruth Cohn. Ruth Cohn wurde 1912 in Berlin geboren. Da sie Jüdin war, verließ sie Deutschland nach Hitlers Machtübernahme. Sie studierte Psychoanalyse in Zürich, emigrierte 1941 nach New York und lebt heute in der Schweiz. Sie hat eine Methode entwickelt, die geeignet ist, ganzheitliches „lebendiges Lernen“ in Mitarbeitergruppen zu ermöglichen. Jedes Gruppengeschehen beinhaltet danach 3 Aspekte, die als Dreieck dargestellt werden:

1. Das Ich: Das sind Sie mit Ihrer individuellen Persönlichkeit

2. Das Wir: Das sind Sie zusammen mit Ihren Kolleginnen = die Gruppe

3. Das Es: Das ist das Thema, an dem Sie gemeinsam arbeiten.

Die Interaktion zwischen Ich, Wir und Es findet in einem vorgegebenen äußeren Rahmen und in einem bestimmten sozialen Umfeld statt. Sie sind dabei gefordert, einerseits Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und andererseits Ihren Kolleginnen Achtung, Verständnis und Toleranz entgegenzubringen.

Übertragen auf den Kindergarten bedeutet das:

  • Ihre individuelle Persönlichkeit und die Ihrer Kolleginnen (Ich) bilden ein Arbeitsteam (Wir). Dieses Team befasst sich mit verschiedenen Sachthemen (Es) wie z. B. der Erarbeitung einer pädagogischen Konzeption.
  • Ihr Team arbeitet innerhalb vorgegebener Bedingungen: Ihre Teambesprechungen finden im Personalraum statt, immer mittwochs in der Zeit von 13.00 bis 15.00 Uhr. Der Kindergarten ist eingebettet in ein soziales Umfeld, insofern er Bestandteil der Gemeinde oder der Pfarrei ist.
  • Eine kreative Auseinandersetzung und Klärung von Sachfragen finden dann statt, wenn Sie als einzelne Mitarbeiterin, das Team sowie das Thema in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.

Die Beachtung einiger Regeln hilft, ein Gleichgewicht zwischen Ich, Es und Wir herzustellen:

1. Seien Sie Ihr eigener Chairman

Sie tragen als Ihr „eigener Vorsitzender“ die Verantwortung für sich selbst, für das, was Sie sagen und tun. Sie nehmen sich selbst, das Team und die Gruppenaufgaben ernst. Sie entscheiden, wann Sie sprechen und wann Sie schweigen wollen. Gleichzeitig wissen Sie um die Eigenverantwortung Ihrer Kolleginnen.

2. Störungen haben Vorrang

Konflikte zwischen Kolleginnen, Ärger und Langeweile sind Störungen, die geklärt werden müssen. Bleiben sie unausgesprochen und werden unterdrückt, so lähmen sie alle Teammitglieder sowie die Klärung von Sachthemen. Dass Störungen auf der Ich-Ebene nicht zum alles beherrschenden Thema werden, dafür sorgt der Grundsatz der Balance zwischen Ich, Wir und Es.

3. Treffen Sie persönliche Aussagen

Wenn Sie sich Ihrer Eigenverantwortung bewusst sind, stehen Sie zu Ihren Aussagen. Sie sprechen per „ich“ und nicht per „man“ oder „wir“. So sagen Sie z. B.: „Ich erlebe die Diskussion über unseren nächsten Elternabend als festgefahren.“ Und nicht: „Wir sind doch alle an einem Punkt, wo diese Diskussion uns nicht weiterbringt.“ Diese Regel hilft Ihnen, verantwortliche Aussagen zu treffen, zu eigenen Ideen, aber auch eventuellen Fehlern zu stehen.

4. Seien Sie zurückhaltend mit Fragen

Stellen Sie keine Scheinfragen. Mit einer persönlichen Aussage beziehen Sie Stellung und regen Ihre Kolleginnen damit an, sich ebenfalls zu äußern. Mit Scheinfragen umgehen Sie diese Stellungnahme. Echte Fragen, die einem Informationsbedürfnis entspringen, sind zulässig, Sie sollten sie jedoch begründen.

Beispiele für Scheinfragen:

  • Ist es dir schon häufiger passiert, dass die Kinder so außer Rand und Band geraten?“ (Diese Frage enthält Vorwurf, Kritik, Überheblichkeit.)
  • Kannst du die Mutter von Tim nicht mal zur Rede stellen?“ (Diese Frage enthält einen versteckten Ratschlag.)

Beispiele für begründete Informationsfragen:

  • Das habe ich nicht ganz verstanden. Worüber hat sich die Mutter von Julia bei dir beklagt?“
  • Ich habe den Eindruck, dass die Zusammenarbeit mit dem Träger in letzter Zeit nachgelassen hat. Geht es euch genauso?“

 

 

 

5. Vermeiden Sie Interpretationen

Interpretationen führen von Ihrer eigenen Person weg und dienen häufig der Demonstration von Überlegenheit. Mit persönlichen Aussagen zum Verhalten Ihrer Kolleginnen schaffen Sie dagegen ein angenehmes und produktives Gesprächsklima:

  • Sagen Sie: „Es trifft mich sehr, dass du zu mir sagst, ich sei arrogant. Wie kommst du zu dieser Einschätzung?“ Und nicht: „Du sagst nur, ich sei arrogant, weil du mich nicht leiden kannst und mir eins auswischen willst.“
  • Sagen Sie: „Die Mutter von Jonas scheint deine Aussagen nicht so richtig ernst zu nehmen. Ich fände es gut, wenn du ihr etwas entschlossener entgegentreten würdest.“ Anstatt: „Es sieht ganz so aus, als ob du dich gegenüber den Eltern nicht durchsetzen könntest.“

6. Begründen Sie Ihr Feedback

Wenn Sie etwas über das Verhalten oder die Persönlichkeit einer Kollegin sagen, müssen Sie dies in Beziehung zu sich selbst setzen. Sie müssen zum Ausdruck bringen, was die Verhaltensweisen oder Eigenschaften Ihrer Kollegin für Sie selbst bedeuten:

  • Sagen Sie: „Du hast in der Teambesprechung immer viel zu sagen. Ich komme nicht zu Wort und fühle mich nach einer Weile wie gelähmt.“ Und nicht: „Du bist so dominant und lässt andere nicht zu Wort kommen.“
  • Sagen Sie: „Mir fällt auf, dass du dich in unseren Teambesprechungen kaum äußerst. Das verunsichert mich, weil ich nicht weiß, was du denkst.“ Anstatt: „Du sagst in unseren Teamsitzungen überhaupt nichts und hältst dich immer bedeckt.“

7. Seitengespräche haben Vorrang

Wenn Sie sich während Ihrer Dienstbesprechung leise mit Ihrer Nachbarin unterhalten, spricht man von einem Seitengespräch. Solche Seitengespräche können verschiedene Ursachen haben:

  • Seitengespräche deuten auf eine starke Beteiligung am Thema hin. Aus Angst oder Unsicherheit trauen sich einzelne Teammitglieder nicht, sich in der Gruppe zu äußern.
  • Sie resultieren aus Langeweile.
  • Sie deuten auf Störungen auf der Ich-Ebene hin, die Sie thematisieren sollten, damit sich alle Teammitglieder wieder auf den Gruppenprozess einlassen können.
  • Es ist zu wenig Zeit vorhanden, damit sich die einzelnen Gruppenmitglieder untereinander austauschen können.

Thematisieren Sie die Seitengespräche. Suchen Sie gemeinsam mit Ihren Kolleginnen nach den Ursachen, und versuchen Sie, diese zu beheben. Dann können alle wieder auf die Wir- Ebene zurückkehren.

8. Es spricht immer nur eine!

Wenn Sie eine Gesprächsatmosphäre anstreben, die von Eigenverantwortlichkeit und gegenseitiger Achtung geprägt ist, dann ist es selbstverständlich, dass Sie dem anderen aufmerksam zuhören. Ihn zu unterbrechen verbietet sich von selbst. Wenn im Eifer des Redegefechts mehrere Teammitglieder gleichzeitig sprechen, legen Sie oder eine Kollegin, die das Gespräch leitet, die Reihenfolge der Diskussionsbeiträge fest.

Sicherlich ist es nicht einfach, diese Regeln von heute auf morgen in die Praxis umzusetzen. Dies erfordert einige Übung und die Auseinandersetzung mit der eigenen Person. Trotzdem lohnt es sich, besonders im Hinblick auf ein effektiveres Arbeiten, an der Umsetzung der Regeln zu arbeiten.

Praxistipp: Schreiben Sie alle Regeln auf ein Plakat und hängen Sie es für alle sichtbar im Personalraum auf.

Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie Sie auf die Einhaltung der verschiedenen Regeln achten können:

  • Sie vereinbaren, dass eine Mitarbeiterin die Gesprächsführung übernimmt und auf die Einhaltung der Regeln achtet.
  • Sie teilen die Regeln auf alle Mitarbeiterinnen auf, so dass jede nur auf die Einhaltung von 1 bis 2 Regeln achten muss.

Sie nehmen sich zunächst nur die Einhaltung der 1. Regel vor. Sobald dies funktioniert, kommt die 2. Regel hinzu und immer so weiter.


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