Kindertransport im Mitarbeiter-Pkw: Sichern Sie sich rechtlich nach allen Seiten ab


06.01.2019

Viele Ausflüge in Kitas sind nur möglich, weil Ihre pädagogischen Fachkräfte sich bereit erklären, die Kinder mit ihren Privat-Pkws zum Ausflugsziel und wieder zurück zu transportieren. Diese Praxis wirft bei Ihnen als Leitung immer eine Vielzahl rechtlicher Fragen auf, die ich Ihnen hier gerne beantworten möchte.

Praxisbeispiel:

Die Vorschulkinder der Kita „Glückskäfer“ haben zu Weihnachten ein Krippenspiel einstudiert. Dieses soll nicht nur in der Kita, sondern auch im Seniorenheim der Gemeinde aufgeführt werden. Die beiden Erzieherinnen, die das Stück mit den Kindern eingeübt haben, erklären sich bereit, die kleinen Schauspieler mit ihren Privat-Pkws zum Seniorenheim zu fahren und anschließend wieder zurück zur Kita zu bringen. Die Leitung überlegt, ob das rechtlich überhaupt zulässig ist.

Rechtlicher Hintergrund

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, Kinder mit Privat-Pkws von Mitarbeitern zu Ausflügen zu transportieren. Für die Kinder und auch für Ihre Mitarbeiter besteht bei solchen Aktionen gesetzlicher Versicherungsschutz über die Unfallkasse bzw. über die zuständige Berufsgenossenschaft.

Das ist zu tun

Bei Ausflügen mit Privat-Pkws Ihrer Mitarbeiter ist von Ihrer Seite ein hohes Maß an Sorgfalt gefordert, damit die Sicherheit der Kinder gewährleistet und Sie und Ihr Team bei einem Unfall in alle Richtungen hin abgesichert sind. Insofern ist es wichtig, dass einige wichtige Rahmenbedingungen erfüllt sind. Welche das sind, können Sie der Checkliste unten entnehmen.

Frage: Darf ich es überhaupt zulassen, dass Kinder in Privat-Pkws von Mitarbeitern transportiert werden?

Antwort: Ja. Eine gesetzliche Bestimmung, die Ihnen solche Aktivitäten untersagt, gibt es nicht. Etwas anderes gilt allerdings, wenn es eine entsprechende Dienstanweisung Ihres Trägers gibt. Dann sind Sie hieran gebunden.

Praxistipp:

Häufig gehen Träger irrigerweise davon aus, dass für solche Ausflüge kein Versicherungsschutz besteht. Darum verbieten sie solches Engagement vonseiten ihrer Mitarbeiter. Suchen Sie daher das Gespräch mit Ihrem Träger und hinterfragen Sie, warum er den Transport von Kindern in Privat-Pkws Ihrer Mitarbeiter untersagt.

Frage: Müssen die Eltern zustimmen, wenn wir einen Ausflug mit Privat-Pkws planen?

Antwort: Ja. Denn eine solche Fahrt gehört nicht zum „normalen“ Kita-Alltag. Informieren Sie die Eltern daher schrift lich über den geplanten Ausflug und holen Sie die schriftliche Einwilligung der Eltern nicht nur zu dem Ausflug an sich, sondern auch zum Transport in Mitarbeiter-Pkws ein. Dann sind Sie rechtlich auf der sicheren Seite.

 

Frage: Wie sieht es mit dem Versicherungsschutz aus, wenn die Fachkraft einen Unfall hat und ein Kind verletzt wird?

Antwort: Primär haft et die Kfz-Versicherung des Unfallverursachers. Gegen diesen hat das verletzte Kind auch einen Schmerzensgeldanspruch. Darüber hinaus besteht, da es sich ja um einen Kita-Ausflug handelt, Versicherungsschutz über die gesetzliche Unfallversicherung. Diese zahlt allerdings kein Schmerzensgeld. Näheres zu den unterschiedlichen Haftungskonstellationen können Sie der Übersicht auf dieser Seite entnehmen.

Checkliste: Das muss ich als Leitung bei der Vorbereitung eines Ausflugs mit Mitarbeiter-Pkw beachten

Eltern

  • Rechtzeitige Information über den geplanten Ausflug
  • Einwilligungserklärung zum Transport des Kindes mit Mitarbeiter-Pkws
  • Mitbringen eines passenden Kindersitzes bzw. einer Sitzerhöhung am Ausflugstag

Mitarbeiter

  • Kontrolle, ob alle Mitarbeiter, die fahren, einen gültigen Führerschein vorweisen können
  • Anweisung an Mitarbeiter, auf ein korrektes Anschnallen der Kinder zu achten
  • Erfragen, wie viele Kinder im Pkw der einzelnen Mitarbeiter mit Kindersitz/Sitzerhöhung sicher angeschnallt werden können

Träger

  • Abklären, ob Dienstanweisung Transport von Kindern in Mitarbeiter-Pkws grundsätzlich verbietet
  • Abklären, ob Dienstreiseversicherung für Ausflüge in Mitarbeiter-Pkws besteht
  • Klären, unter welchen Voraussetzungen Träger die Haftung von Schäden an Mitarbeiter-Pkws übernimmt

Auswertung

Wenn Sie alle diese Punkte abhaken konnten, steht einem sicheren Ausfl ug mit den Privat-Pkws Ihrer Mitarbeiter nichts entgegen.

 

Frage: Was passiert, wenn die Fachkraft den Unfall selbst verschuldet?

Antwort: Dann hat das betroffene Kind einen Schadenersatz- und Schmerzensgeldanspruch gegen die Fachkraft bzw. gegenüber deren Kfz-Versicherung. Diese ist eine Pflichtversicherung. Sie übernimmt sämtliche Schäden und Schmerzensgeldansprüche, die auf den Unfall zurückzuführen sind. Die Fachkraft muss nur in Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn sie den Unfall grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht hat, damit rechnen, dass die Versicherung ihre Leistungen von ihr zurückverlangt. Ein grob fahrlässiges Verhalten ist dann anzunehmen, wenn die Fachkraft z. B.

  • eine rote Ampel überfährt,
  • während der Fahrt eine SMS oder WhatsApp-Nachricht schreibt oder
  • Kinder nicht ordnungsgemäß angeschnallt transportiert.

Auch wenn das eigentlich selbstverständlich ist, sollten Sie Ihre Mitarbeiter hierauf ausdrücklich hinweisen und auch deutlich machen, dass sie für grob fahrlässig verursachte Unfälle ggf. persönlich haften müssen und daher solchen Unsinn im eigenen Interesse besser lassen.

 

Frage: Muss ich kontrollieren, ob die Kinder alle ordnungsgemäß angeschnallt sind?

Antwort: Im Prinzip schon. Diese Pflicht können Sie aber auch auf die Mitarbeiter übertragen, die die Kinder tatsächlich befördern. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass alle Kinder in einem für sie geeigneten und zugelassenen Kindersitz oder einer Sitzerhöhung transportiert werden. Bitten Sie die Eltern, ihrem Kind am Ausflugstag einen solchen Sitz mitzugeben. Sie als Leitung müssen bei der Planung außerdem darauf achten, dass die Pkws so besetzt sind, dass jedes Kind tatsächlich sicher angeschnallt werden kann.

 

Frage: Muss ich mich vergewissern, dass die Mitarbeiter, die ihre Pkws zur Verfügung stellen, auch über einen gültigen Führerschein verfügen?

Antwort: Ja. Denn hierbei kann es häufig unerwartete Überraschungen geben. Lassen Sie sich von jedem Mitarbeiter, der einen Pkw mit Kindern fährt, vor Fahrbeginn den Führerschein zeigen. Wer keinen dabei hat, darf in der Konsequenz auch nicht fahren. Dann können Sie sicher sein, dass der Mitarbeiter auch tatsächlich über eine gültige Fahrerlaubnis verfügt.

 

Frage: Wie sieht es mit der Haftung aus, wenn der Wagen der Mitarbeiterin bei dem Ausflug Schaden nimmt, z. B. weil ein Kind sich auf der Fahrt übergibt und der Pkw aufwendig gereinigt werden muss?

Antwort: Das ist tatsächlich eine spannende Frage. Da Ihre Mitarbeiter ja für die Kita unterwegs waren, muss im Prinzip Ihr Träger für Schäden, die während einer dienstlich veranlassten Fahrt am Pkw eines Mitarbeiters auftreten, aufkommen. Gleiches gilt für den sogenannten „Höherstufungsschaden“. Das ist der Schaden, der der Fachkraft entsteht, wenn diese bei einem Kita-Ausflug mit ihrem Privat-Pkw einen Unfall verursacht und deshalb in ihrer Haftpflichtversicherung höhergestuft wird.

SituationHaftbarHaftungsumfang
Kind oder Mitarbeiter wird durch
Fremdverschulden im Pkw eines
Kita-Mitarbeiters
verletzt.
Primär:
- Unfallverursacher
- Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers
Sekundär:
gesetzliche Unfallversicherung (= Unfallkasse)
gesamter Schaden und
Schmerzensgeld
Haft ung für gesundheitliche Folgen des Unfalls,
kein Schmerzensgeld,
kein Ersatz für Sachschäden
Kind wird durch
von Mitarbeiter
verursachten
Unfall im Pkw
des Mitarbeiters
verletzt.
Primär:
- Unfallverursacher
- Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers

Achtung! Bei grob fährlässigem oder vorsätzlichem
Verhalten des Mitarbeiters
kann die Kfz-Versicherung
diesen in Regress nehmen.
Sekundär:
gesetzliche Unfallversicherung (= Unfallkasse)
gesamter Schaden und
Schmerzensgeld
Haft ung für gesundheitliche Folgen des Unfalls,
kein Schmerzensgeld,
kein Ersatz für Sachschäden
Schaden am Pkw
des Mitarbeiters
auf Kita-Ausflug
Primär: Teil- bzw. Vollkaskoversicherung des Mitarbeiters (soweit vorhanden)
Sekundär:
Träger bzw. dessen Dienstreiseversicherung
Sachschaden ggf. unter
Abzug der Selbstbeteiligung
Sachschaden
Selbstbeteiligung
Höherstufungsschaden

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