Kein „Maulkorb“ bei Gehalt und Arbeitsvertrag


19.06.2017

In vielen Arbeitsverträgen steht, dass es Kita-Mitarbeitern verboten ist, über Einzelheiten des Vertrags und des Gehalts zu sprechen. Häufig gilt dieser „Maulkorb“ nicht nur gegenüber außenstehenden Dritten, sondern auch innerhalb des Teams. Informieren Sie sich hier, ob solche Verbote rechtlich überhaupt haltbar sind und was passiert, wenn Sie oder Mitarbeiter sich nicht daran halten.

 

Praxisbeispiel

Klara Hambach leitet seit 5 Jahren die Kita „Ringelblümchen“. In einer Leitungsrunde berichtet eine Leitungskollegin, die erst seit 3 Monaten bei dem Träger arbeitet, was sie verdient. Frau Hambach ist sprachlos. Zum einen, da sie sich in ihrem Arbeitsvertrag verpflichtet hat, über ihr Gehalt auch gegenüber Kollegen Stillschweigen zu bewahren. Zum anderen, weil sie feststellen muss, dass die Kollegin trotz geringerer Berufserfahrung und gleicher Qualifikation ca. 500 € mehr im Monat verdient.

Rechtlicher Hintergrund

Im Prinzip darf Ihr Träger Sie im Arbeitsvertrag dazu verpflichten, sich über Details zu Ihrer Bezahlung oder auch anderen Details Ihres Arbeitsvertrags bedeckt zu halten. Diese Verpflichtung ist allerdings nur gegenüber außenstehenden Dritten haltbar. Innerhalb des Teams bzw. unter den Angestellten Ihres Trägers ist eine solche Regelung nicht zulässig.

Was bedeutet das für Sie?

Prüfen Sie, ob Ihr Arbeitsvertrag eine solche „Maulkorb-Klausel“ enthält. Überlegen Sie anhand der folgenden Hinweise, ob diese überhaupt wirksam ist, und informieren Sie sich, womit Sie schlimmstenfalls rechnen müssen, wenn Sie sich nicht hieran halten.

1. Hinweis: Keine interne Verschwiegenheitspflicht

Gegenüber Ihrem Team und gegenüber anderen Leitungen, die bei Ihrem Träger angestellt sind, kann dieser Sie nicht zur Verschwiegenheit über Ihr Gehalt verpflichten. Dies hat z. B. das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern in seinem Urteil vom 21.10.2009 (Az.: 2 Sa 237/09) entschieden.

Die Richter meinten, dass eine solche Verschwiegenheitsklausel den Mitarbeitern die Chance nehme herauszufinden, ob ihr Träger sie und vergleichbare Mitarbeiter auch gleich bezahlt, sich also bei der Höhe des Gehalts an den Gleichbehandlungsgrundsatz halte. Dieser besagt, dass Ihr Träger vergleichbare Arbeit auch entsprechend gleich vergüten muss.

Außerdem verstoße eine solche Klausel gegen das Grundrecht der Koalitionsfreiheit. Denn ein solches Verschwiegenheitsgebot verbiete auch die Weitergabe des Gehalts an eine Gewerkschaft. Wenn aber die Gewerkschaften die Lohnstruktur nicht kennen, seien Arbeitskämpfe kaum möglich.

2. Hinweis: Keine Verschwiegenheit über Vertragsbedingungen

Gleiches gilt auch für Vereinbarungen, die Ihnen Stillschweigen über sonstige Vertragsbedingungen, z. B. Urlaubsansprüche, auferlegen. Auch hierüber darf Ihr Träger den Austausch nicht verbieten.

3. Hinweis: Die meisten Geheimhaltungsklauseln sind unwirksam

Solche Geheimhaltungsklauseln finden sich dennoch häufig in Arbeitsverträgen. Sie sind allerdings vor dem Hintergrund der oben geschilderten Rechtsprechung unwirksam und müssen von Ihnen nicht beachtet werden.

Unterhalten Sie sich offen mit Leitungskollegen oder Mitarbeitern über Ihr Gehalt oder Arbeitsbedingungen, kann Ihnen arbeitsrechtlich nichts passieren. Wenn Ihr Arbeitgeber meint, Ihnen ein Fehlverhalten vorwerfen zu können, und z. B. eine Abmahnung ausspricht, können Sie sich hiergegen mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht wehren. Ihre Erfolgsaussichten sind in einem solchen Fall sehr gut.

Tipp für Ihre Praxis: Das gilt allerdings nur Träger-intern. Wirksam sind Vereinbarungen, mit denen Ihr Träger Ihnen untersagt, mit der „Konkurrenz“ über Ihr Gehalt und Ihre übrigen Arbeitsbedingungen zu sprechen. Hieran sollten Sie sich auch zuverlässig halten.

Rat: Lassen Sie sich von solchen Geheimhaltungsklauseln in Ihrem Arbeitsvertrag nicht verunsichern und tauschen Sie sich ruhig mit Kollegen, die beim gleichen Träger arbeiten, über Ihr Gehalt aus – wenn Sie dies möchten. Dies kann oft sehr erhellend und auch Anlass für Gehaltsverhandlungen mit Ihrem Träger sein.


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