Verletzte Kinder selbst zum Arzt transportieren? So ist die Rechtslage


27.03.2017

Auch wenn Sie noch so gut aufpassen, Sie werden nicht immer verhindern können, dass Kinder sich verletzen und ärztlich behandelt werden müssen. Wenn tatsächlich einmal etwas passiert, stellt sich immer eine Vielzahl von Fragen, gerade, wenn es um den Transport zum Arzt oder ins Krankenhaus geht. Das gilt insbesondere dann, wenn Sie die Eltern nicht erreichen oder diese nicht sofort in die Kita kommen können. Antworten hierauf finden Sie hier.

 

 

Frage: Wer entscheidet, ob ein Kind, das einen Unfall hatte, zum Arzt muss?

Antwort: Die Entscheidung, ob ein Kind in ärztliche Behandlung gehört, treffen Sie bzw. der Ersthelfer, der dem Kind Erste Hilfe leistet. Der Ersthelfer muss also entscheiden, ob eine ärztliche Behandlung überhaupt notwendig ist, ob diese sofort erfolgen muss oder ob es ausreicht, die Eltern zu informieren und abzuwarten, dass diese mit dem Kind zum Arzt gehen. Eine ärztliche Untersuchung ist gerade bei U3-Kindern, die sich häufig noch nicht adäquat zu Schmerzen oder auch zum Unfallhergang äußern können, sicher in vielen Fällen sinnvoll.

Wenn Sie der Ansicht sind, dass eine sofortige ärztliche Behandlung notwendig ist, müssen Sie außerdem überlegen, wie Sie mit dem Kind zum Arzt kommen.

Frage: Wann müssen wir den Krankenwagen rufen?

Antwort: Einen Krankenwagen rufen Sie immer dann, wenn schwere Verletzungen vorliegen, also bei

  • Knochenbrüchen,
  • Kopfverletzungen,
  • stark blutenden Wunden,
  • Bewusstlosigkeit
,
  • Augen-, Hals-, Nasen- oder Ohrenverletzungen.

Bei leichteren Verletzungen dürfen Sie sich selbst, wenn die Eltern nicht sofort in die Kita kommen und den Arztbesuch selbst übernehmen können, auf den Weg zum Arzt oder Krankenhaus machen. Zuständig ist übrigens für solche Unfälle der Durchgangsarzt der gesetzlichen Unfallversicherung.

Wenn Sie unsicher sind, wie schwer die Verletzung tatsächlich ist, sollten Sie auf Nummer sicher gehen und den Notarzt rufen. Dieser entscheidet dann, wie die weitere Behandlung aussieht.

Frage: Dürfen wir Kinder auch mit einem Privat-Pkw zum Arzt bringen?

Antwort: Grundsätzlich schon. Voraussetzung ist allerdings, dass Sie einen passenden Kindersitz haben und eine zweite erwachsene Person Sie begleitet und sich während der Fahrt um das verletzte Kind kümmert. Denn Sie können nicht gleichzeitig Auto fahren und Ihren Schützling betreuen. Das ist im Kita-Alltag selten zu gewährleisten. Die Kosten für die Fahrt können Sie übrigens bei der Unfallkasse einreichen. Sie bekommen 0,30 € pro gefahrenen Kilometer erstattet.

Alternativ können Sie auch ein Taxi rufen und mit diesem zum Arzt fahren. Kündigen Sie hierbei an, dass Sie ein Kind im Kita-Alter transportieren müssen. Der Taxifahrer bringt dann einen passenden Kindersitz mit.

Die Kosten für die Taxifahrt zum Arzt und für den Rückweg übernimmt die gesetzliche Unfallversicherung. Hierfür gibt es sogenannte Taxischeine, die Sie sich auf der Homepage Ihrer Unfallkasse herunterladen und ausdrucken können. Akzeptiert das Taxiunternehmen den Schein nicht, zahlen Sie bar, lassen sich eine Rechnung geben und reichen diese später bei der Unfallkasse ein. Sie wird problemlos erstattet.

Frage: Wie sieht es mit dem Versicherungsschutz aus?

Antwort: Sowohl das verletzte Kind als auch Sie als Begleitperson sind, unabhängig von der Frage, welches Transportmittel Sie benutzen, um das Kind zum Arzt zu bringen, über die gesetzliche Unfallversicherung versichert.

Frage: Muss ich den Einsatz des Rettungswagens bezahlen, wenn sich herausstellt, dass dieser gar nicht notwendig war?

Antwort: Nein. Wenn Sie als Ersthelfer entscheiden, dass es notwendig ist, einen Kranken- oder Rettungswagen zu rufen, müssen Sie die Kosten für diesen Einsatz nicht übernehmen, wenn sich hinterher herausstellt, dass der Unfall doch weniger dramatisch war, als Sie zunächst angenommen haben.

Die Kosten für einen Rettungseinsatz müssen Sie nur übernehmen, wenn Sie diesen mutwillig auslösen. Davon ist aber bei einem Unfall mit U3-Kindern keinesfalls auszugehen.

Frage: Wie sieht es aus, wenn ich als Ersthelfer die Situation falsch einschätze, das Kind z. B. mit dem Taxi zum Arzt bringe und es hierdurch einen zusätzlich Schaden nimmt?

Antwort: Sie sind Ersthelfer, kein Arzt. Daher wird von Ihnen auch nicht erwartet, dass Sie eine korrekte Diagnose stellen. Sie müssen lediglich die sich Ihnen darstellende Situation anhand Ihrer im Erste-Hilfe-Kurs erworbenen Kenntnisse beurteilen und nach dem dort erlernten Wissen handeln. Gehen Sie so vor und schätzen Sie eine Situation falsch ein, müssen Sie weder mit finanziellen Forderungen noch mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Etwas anderes gilt nur, wenn Sie die Situation grob fahrlässig oder vorsätzlich falsch einschätzen. Das ist aber nur in seltenen Ausnahmefällen anzunehmen.

Fazit

Unabhängig von den Kosten sollten Sie aber immer überlegen, ob der Einsatz von Rettungskräften und Notarzt wirklich notwendig ist und ob Sie nicht wegen einer Kleinigkeit diese Kräfte binden, obwohl sie anderswo vielleicht dringend gebraucht würden. Daher sollten Sie den Notruf nur in echten Notfällen betätigen.


Weitere Beiträge zu diesem Thema:

Splitter im Finger – Wo Erste Hilfe in der KiTa ihre Grenzen findet

11. August 2021

Im KiTa-Alltag kommt es immer wieder vor, dass Kinder einen Dorn oder einen Splitter im Finger haben. Wären Sie zu Hause, würden Sie einfach zu Nadel, Desinfektionsmittel und Pinzette greifen und den Übeltäter aus dem Finger...

Mehr erfahren

Hygiene: 5 Regeln für alle, um gesund zu bleiben

22. Oktober 2018

Die Kleinkinder Ihrer Gruppe entdecken das Spielmaterial und andere Gegenstände mit all ihren Sinnen. Hierzu fassen sie die Dinge an und erkunden sie ausgiebig mit dem Mund. Das ist wichtig für eine gute Entwicklung. Aber auch...

 Mit diesen 5 Hygieneregeln schützen Sie die Gesundheit der Kleinkinder und des Personals.

So informieren Sie Eltern über das Infektionsschutzgesetz

12. August 2015

„Schon wieder krank?“ Besonders Kleinstkindern machen Krankheitserreger am Anfang ihrer Kita- oder Krippenzeit zu schaffen. Das Immunsystem des Kindes wird erst nach und nach widerstandsfähiger. Dabei ist die dauernde...

Mehr erfahren



© 2023 Verlag PRO Kita, Bonn